Stadtlohn (drk-press). Wie beeinflusst der Klimawandel globale Migrationsbewegungen und welche Rolle spielt Zweisprachigkeit in der Integrationsarbeit? Diesen Fragen widmete sich ein Fachtag des Interkulturellen Netzwerks Westmünsterland in Stadtlohn.
Als Hauptreferentin war Prof. Dr. Birgit Leyendecker, Psychologin an der Ruhr-Universität Bochum und Mitglied des Sachverständigenrats für Integration und Migration, eingeladen. In ihrem Vortrag beleuchtete sie zunächst die Dimensionen der Migration infolge klimatischer Veränderungen sowie die damit verbundenen gesellschaftlichen Herausforderungen.
Bislang gelten Klimaveränderungen nicht als anerkannter Fluchtgrund im völkerrechtlichen Sinne. Personen, die aufgrund von Umweltveränderungen oder Naturkatastrophen ihre Heimat verlassen müssen, erhalten derzeit keinen offiziellen Flüchtlingsstatus gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention. Dennoch ist die Migration aufgrund klimatischer Veränderungen längst keine abstrakte Zukunftsfrage mehr. Klimaextreme, Naturkatastrophen und steigende Meeresspiegel gefährden in einigen Regionen bereits Lebensgrundlagen und führen dort zum Großteil zu innerstaatlichen Migrationsbewegungen.
Ein Beispiel für mögliche Lösungsansätze ist ein 2023 geschlossenes Abkommen zwischen Australien und dem vom steigenden Meeresspiegel bedrohten Inselstaat Tuvalu: Es eröffnet jährlich bis zu 280 Menschen die Möglichkeit, mittels spezieller Arbeits- oder Studienvisa nach Australien zu migrieren. Zugleich wird kritisch diskutiert, ob solche Lösungen langfristig tragfähig sind, gerecht verteilt und auf andere Länder übertragbar sind.
Ein ganz anderer Aspekt der Migrationsarbeit rückte im zweiten Teil der Tagung in den Fokus: Bilingualität. Professorin Dr. Leyendecker stellte die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur frühen Zweisprachigkeit und deren Einfluss auf die kognitive Entwicklung von Kindern in den Mittelpunkt ihres Beitrags.
Besonders wertvoll sei für sie, so die Referentin, der anschließende Austausch mit den Fachkräften vor Ort gewesen. In der Diskussion spiegelten sich konkrete Erfahrungen aus der Integrationsarbeit im Westmünsterland wider, die die Vielschichtigkeit des Themas unterstrichen. Dabei wurden auch Herausforderungen thematisiert, die sich im alltäglichen Umgang mit Zweisprachigkeit ergeben, insbesondere in Familien mit Fluchterfahrungen und Migrationshintergrund, etwa im Zusammenhang mit Traumatisierungen.
Mit der Veranstaltung setzte das Interkulturelle Netzwerk Westmünsterland seine Reihe praxisnaher Fachtage fort. Es bot erneut eine Plattform für Wissenstransfer, kritische Diskussion und Vernetzung – und leistete damit einen wichtigen Beitrag zu einer zukunftsorientierten Integrationsarbeit in der Region.
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