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Fetales Alkoholsyndrom (FAS) und Autismus

Das Rote Kreuz im Kreis Borken betreut Kinder und Jugendliche in einer intensivpädagogischen Wohngruppe in Legden im Haus Mühlenbach.

Rotes Kreuz betreut Kinder und Jugendliche in intensivpädagogischer Wohngruppe in Legden

Legden/Kreis Borken (drk-press). Das Rote Kreuz im Kreis Borken betreut seit einiger Zeit in einer Intensivpädagogische Wohngruppe in Legden Kinder und Jugendliche mit Fetalem Alkoholsyndrom (FAS) und Autismus. Bereichsleiterin Marlis Spieker-Kuhmann zieht für das möglich Verhalten von FAS-Kindern ein Beispiel aus Wilhelm Buschs Max und Moritz heran. Die Abkürzungen FAS oder FASD stehen für Fetales Alkoholsyndrom. Es wird durch Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft ausgelöst und ist gekennzeichnet durch körperliche und geistige Schäden, Fehlbildungen und Mangelentwicklung. Das FAS ist nicht heilbar, aber mit der richtigen Förderung und Unterstützung kann den Betroffenen das Leben erleichtert werden. „Die Menschen mit FASD sind für ihr Alter zu klein, 14- bis 15-Jährige sehen aus wie Zehnjährige“, beschreibt Marlis Spieker-Kuhmann, Bereichsleiterin Kinder, Jungend und Inklusion. „Sie sind oft untergewichtig, haben proportional kleine Köpfe und schütteres Haar.“ Menschen mit Fetalem Alkoholsyndrom haben einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, der sich in unmittelbaren Wutanfällen entladen könnte. „Wir erleben in unserer Wohngruppe regelmäßig, wie schwer es den betroffenen Jugendlichen fällt, ihre Emotionen zu kontrollieren.“ Ein berühmtes Beispiel für ein Kind mit FASD lässt sich bei Wilhelm Buschs Max und Moritz finden. Moritz‘ Gesichtsmerkmale und auch sein Verhalten passen gut zum fetalen Alkoholsyndrom. Als Handlanger von Max setzt er dessen Ideen um, ohne darüber nachzudenken. Im realen Leben führt diese Verleitbarkeit immer wieder dazu, dass Menschen mit FASD für Straftaten missbraucht werden.  Autismus beginnt im Kindesalter Beim Autismus handelt es sich um eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die bereits im Kindesalter beginnt. Sie ist charakterisiert durch schwerste Störungen der Kontaktaufnahme und der Kommunikation mit anderen Menschen. Hinzu kommen Verhaltensauffälligkeiten, die im Alltag für die Eltern und Geschwister sowie die Bezugspersonen in Kindergarten, Schule und anderen Einrichtungen sehr belastend sein kann. Menschen mit Autismus führen alltägliche Aufgaben zumeist starr und routiniert aus und bestehen auf bestimmte Handlungsroutinen. „Veränderungen jeglicher Art, seien es Variationen in Bezug auf Handlungsfolgen oder aber veränderte Details im persönlichen Umfeld (Dekoration, Möbel und mehr) lösen Irritationen bis hin zu deutlichen Widerständen aus“, erklärt Marlis Spieker-Kuhmann. Lebenslange Hilfe und Unterstützung Aufgrund der Beeinträchtigungen in den verschiedensten Bereichen benötigen die meisten Menschen mit dieser schwerwiegenden Entwicklungsstörung lebenslang Hilfe und Unterstützung. Für diese Personengruppe betreibt das Rote Kreuz im Kreis Borken in Legden eine intensivpädagogische Wohngruppe auf rund 200 Quadratmetern. Im Haus Mühlenbach an der Asbecker Straße / Ecke Roggenkamp bietet sie Platz für sieben junge Menschen. Aktuell sind alle Plätze belegt. Der häufigste Grund für Anfragen nach einem Platz in der intensivpädagogischen Wohngruppe ist, dass die Verantwortlichen, zum überwiegenden Teil Pflegeeltern, mit den ihnen Anvertrauten nicht mehr zurechtkommen. Den Jugendlichen stehen ein Zimmer und Gemeinschaftsräume wie eine Wohnküche und ein Wohnzimmer mit einem Balkon zur Verfügung. Die Betreuung übernehmen acht Mitarbeitende – drei Männer und fünf Frauen – in sechs Vollzeitstellen rund um die Uhr. „Es sind Hauswirtschafter*innen, Sozialarbeiter*innen, Sozialpädagog*innen, Heilerziehungspfleger*innen und Erzieher*innen dabei“, erklärt Spieker-Kuhmann. „Sie werden laufend entsprechend fortgebildet – unter anderem im Deeskalationstraining und in der Traumapädagogik. Das oberste Ziel der Mitarbeiter*innen ist, die jungen Menschen so zu fördern, dass sie lernen, so selbstständig und so gut wie möglich zu leben. Ganz wichtig dabei sind geregelte Abläufe; sie vermitteln Sicherheit: „Wir üben mit den Jugendlichen Verhaltensweisen ein, zum Beispiel die regelmäßige Körperpflege oder das Respektieren von Grenzen anderer Menschen und dass man bei Unwillen nicht einfach drauflosprügelt“, erklärt Marlis Spieker-Kuhmann. Von großer Bedeutung ist auch ein geregelter Tagesablauf: Die jungen Bewohner*innen stehen zwischen 7 und 8 Uhr auf, gefrühstückt wird zwischen 8 und 9 Uhr. Es gibt eng begleitete Frei- und Lernzeiten. Die Jugendlichen sind selbst dafür zuständig, ihre Zimmer aufzuräumen und zu putzen und helfen bei Einkäufen für den gemeinsamen Haushalt und beim Kochen. „Das machen sie gern.“ Dringend Schulbegleiter*innen und Freizeitassistenten gesucht Schulbesuche fallen den Jugendlichen aufgrund ihrer Konzentrationsstörungen nicht leicht. Eine der drei Jugendlichen mit dem FAS-Syndrom könne mit entsprechender Unterstützung durchaus die Sekundarschule besuchen, so Spieker-Kuhmann. „Wir suchen dringend Schulbegleiter*innen und Freizeitassistenten.“ Teil der Förderung ist auch, dass die Betreuer*innen gemeinsam mit den jungen Menschen Perspektiven für die Zukunft entwickeln. In der Regel verlassen sie die Wohngruppe im Alter von 18 Jahren.